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Nach der Gestapo kam das Finanzamt“ – Vortrag am Tag des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2023

Auf Einladung des Kulturamtes der Stadt Wittlich, des Arbeitskreises „Jüdische Gemeinde Wittlich“ und des Emil-Frank-Institut referierte Dr. Walter Rummel, ehemaliger Leiter des Landesarchivs Speyer, in seinem Vortrag „Letzte Spuren. Flucht, Deportation und Beraubung am Beispiel einer Wittlicher Familie in der NS-Zeit“ zum Thema „Arisierung“ in der ehemaligen Synagoge.

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2017 wurden große Aktenmengen des Finanzamtes dem Landesarchiv Speyer übergeben, deren Inhalt die quasi „rechtmäßige“ Enteignung des Vermögens jüdischer und anderer während des Nationalsozialismus verfolgter Menschen war. Akribisch genau ermittelten die Finanzbeamten den Besitz von Personen, die sich oft bereits in Konzentrationslagern befanden, um das jeweilige Vermögen, manchmal nur ein wenig Hausrat, manchmal Immobilien und Firmen, zu beschlagnahmen und Steuerbescheide (!) auszustellen.

Nach dem allgemeinen Teil, indem er die perfide Rechtsgrundlage und ihre menschenverachtende Umsetzung durch die Finanzämter erläuterte, schilderte Dr. Rummel Schicksale einzelner Mitglieder der Wittlicher Familie Ermann.

Otto Ermann war Besitzer der Chemischen Fabrik Ermin in der Kalkturmstraße. Ihm wurde alles genommen bevor er in Auschwitz ermordet wurde. Besonders ergreifend schilderte Dr. Rummel den Kampf der noch sehr jungen Charlotte Ermann, deren Elternhaus am 10.11.1938 aufs Schlimmste verwüstet wurde. Die 1882 gegründete Lebensmittelgroßhandlung „Ermann-Bach“ ging in „arische“ Hände über, und Charlotte reiste bis zum Finanzamt Berlin-Moabit, um ihren mütterlichen Erbanteil, für den sie bereits Erbschaftssteuer bezahlt hatte, für die geplante Auswanderung zu erhalten. Vergebens. Charlotte Ermann starb wahrscheinlich bereits 1943 im Lager Riga.

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(Näheres zum Schicksal jüdischer Wittlicher s. „Schmit, Franz-Josef: Spätes Erinnern. Ein Lesebuch zu Verfolgten und Opfern der NS-Diktatur aus Wittlich und Umgebung. Wittlich, 2016“).


 

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